Tai Chi

Wir unterrichten das Tai Chi der Familie Wu und unser Lehrer Karsten Wollersheim war Schüler des 2016 verstorbenen Ma Jiangbao, dem Urenkel des Begründers des Wu Tai Chi. Das Kernstück des Tai Chi ist die Lange Langsame Form und wird deshalb auch bei ChinaPowerMoves als erstes gelehrt. Schüler welche tiefer in die Kunst des Wu Tai Chi eintauchen möchte, können dafür noch die Waffenformen und das Tui Shou, die Partnerübungen des Tai Chi erlernen.

 

Geschichte des Tai Chi Chuan

Um die Geschichte des Tai Chi Chuan ranken sich viel Legenden. Die nachfolgende Aufzählung von Daten wie auch Personen gehört wohl auch dazu und müssen somit nicht wirklich den historischen Tatsachen entsprechen, spiegeln aber eine von mehreren offiziellen Versionen wider.

Demnach hatte ein daoistischer Mönch mit Namen Zhan Sanfeng aus den Wudang Bergen einen Traum, in welchem eine Schlange einen Kampf gegen einen Kranich gewann. Begeistert von den weichen geschmeidigen Bewegungen der Schlange begann er am folgenden Tag auf der Basis dieses Traumes eine Kampfkunst zu erarbeiten, welche dann später Tai Chi Chuan genannt werden sollte. Zhan Sanfeng gilt somit als offizieller Begründer des Tai Chi.

Als gesichert gilt auch die Existenz des Offiziers Cheng Wangtin (1600-1680). Nach dem Fall der Ming Dynastie fiel auch Chen Wangtin in Ungnade und widmete sich dem Ackerbau und den Kampfkünsten, welche sich durch besondere Weichheit und Geschmeidigkeit in den Bewegungen auszeichnete. Ob er von Zhan Sanfeng und seiner Kampfkunst wusste, kann angezweifelt werden. Fakt ist das dem Kampfstil Chen Wangtins erstmals der Begriff des Tai Chi zugeordnete wurde und er gilt somit als Begründer des Chen Tai Chi Chuan.

Eine nächste wichtige Person für die Entwicklung des Tai Chi Chuan war Yang Luchan (1799-1872). Er war begeisterter Kampfkünstler und der Legende nach schlich er sich als Diener bei der Familie Chen ein um diesen heimlich beim Training zuzuschauen. Als diese von einem bekannten Shaolin Meister zum Kampf herausgefordert wurde, bat Yang Luchan um den Kampf und siegte. Fortan wurde er von der Familie Chen unterrichtet. Yang Luchan gilt als Begründer des Yang Stils und die heute bekannte Erscheinungsform geht auf seinen Enkel Yang Chengfu zurück.

Yang Luchan hatte viele Schüler. So zum Beispiel Wu Yu Hsiang, der säter den Wu Hao Stil begründetete aus welchem wiederum der Sun Stil von Sun Lutang hervorging.

Ein weiterer begnadeter Schüler Yang Luchans war der Mandschure Wu Quanyou (1832-1902). Dieser verstand es wie kaum ein anderer gegnerische Angriffe zu neutralisieren. Wu Quanyou gilt als Begründer des Wu Tai Chi Chuan. Seine heute bekannte Form wurde so von seinem Sohn Wu Jiangquan geprägt.

Das Tai Chi hatte bis hier her also die fünf traditionellen Hauptstile Chen, Yang, Wu Hao, Sun und Wu hervorgebracht.

Dieses Wissen des Tai Chi wurde bis 1912 sehr strikt nur einem kleinen Kreis Eingeweihter, meist Familienmitglieder weitergegeben.

Dieser „Abgeschlossenheit“ gehuldigt wurde das Tai Chi auch „Innere Kampfkunst“ genannt. Auch wenn es hier unterschiedliche Meinungen zur Bedeutung des Wortes „Innen“ gibt, vertreten wir von ChinaPowerMoves die Meinung das „Innen“ für innen „in der Familie“ steht. Wohlgemerkt nicht mit dem Anspruch der „Absoluten Wahrheit“ aber es wurde mir so von meinen Lehrern vermittelt.

Natürlich basieren alle daoistischen Kampfkünste, so auch das Tai Chi auf die Benutzung des sogenannten Qi, aber es erheben natürlich auch die sogenannten „Äußeren Kampfkünste“ diesen Anspruch und ich behaupte, jede Art von körperlicher wie geistiger Bewegung auch.

Wurde das Tai Chi bis zu diesem Zeitpunkt, also 1912, wir können sagen fast geheim unterrichtet, trat danach eine entscheidende Wendung ein.

Schön ausführlich nachzulesen in dem Buch „China im Wandel der Zeit“ von Dr.M.Bödicker und Armin Sievers, entstand 1912 die „Pekinger Forschungsgesellschaft für Leibeserziehung“. Geprägt von den negativen Erfahrungen des verlorenen Boxerkrieges 1900, kam es zu einem massiven Identitätsverlustes großer Teile der chinesischen Gesellschaft. Basierend auf der Kenntnis der importierten Opiummenge, kann von einer Opiumabhängigkeit von bis zu 70 Prozent der männlichen chinesischen Bevölkerung ausgegangen werden.

Mit dem Ausrufen Chinas zur Republik 1912 wurde auch obige Forschungsgesellschaft gegründet, mit dem Ziel „die Volksgesundheit zu verbessern“.

Es wurden die großen Tai Chi Meister dieser Zeit an die neugegründete Forschungsgesellschaft gerufen, um ihre Kampfkunst zu „entschleunigen“ und somit großen Teilen der Gesellschaft zugänglich zu machen. Diese Meister waren Yang Cheng Fu und Yang Shaohou für den Yang Stil, Sun Lutang der Begründer des Sun Stils und Wu Jiangquan der Sohn des Begründers des Wu Stils und Opa von Ma Jiangbao bei dem ich Tai Chi lernen durfte. Doch dazu später.

Diese Tai Chi Meister schufen die Tai Chi Formen, wie wir sie heute kennen und dies zu einer Zeit als die Kampfkünste ihre Daseinsberechtigung zu verlieren schienen, weil sie eben nicht gegen die Geschosse von Feuerwaffen ankamen.

Als Gesundheitsübung hatte die alte berühmte Kampfkunst auf einmal eine neue Identität, erschloss sich immer mehr Anhänger und trat einen Siegeszug zuerst in China, und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der ganzen Welt an. So sind die großen traditionellen Stile des Tai Chi Chen-, Yang-, Wu Hao-, Sun- und Wu Stil auch noch zu erhaltenes Kulturgut geworden.

Das Übungsgut des Wu Tai Chi

Wie oben beschrieben, hat die Familie Wu sehr konzentriert an der Verbreitung des Wu Tai Chi gearbeitet und die Folge ist, dass dadurch ein eine Vielzahl an Formen auf qualitativ hohen Niveau erhielten blieb.

Die Lange langsame Form

Wir erinnern uns daran, wie und warum das Tai Chi in seiner heutigen Erscheinungsform entstand. Es ist eine Gesundheitsübung für „Körper und Geist“. Die Trennung von Körper und Geist, wie wir es nennen hat so in der traditionellen chinesischen Medizin nie stattgefunden.

Anders in unserer westlichen Medizin. Philosophisch begründet im 17. Jahrhundert durch René Descartes wurde der Mensch aufgeteilt in einen „Geist“ und einem mechanischen Anhängsel dem „Körper“. Hatte diese Ansicht in einer Zeit von Pest, Cholera und diversen Kriegsverletzten natürlich auch für die Medizin viele Vorteile, wird sie heute zum Hemmschuh und es wird mühsam versucht zusammenzuflicken was zusammengehört.

Tai Chi kann ein Weg dazu sein. In der Form sind wir ständig auf der Suche nach dem Gleichgewicht, dem inneren (Geist) und dem äußeren (Körper). Wir kommen nach wenigen Minuten des Übens zur Ruhe und der „Geist“ sinkt nach Vorstellung der TCM in unser Dantian, dem „Energiezentrum“ unterhalb des Bauchnabels in der Körpermitte. Diese Aktive Arbeit zum durchbrechen des Stresskreislaufes wirkt sich natürlich positiv auf unser Herz- Kreislaufsystem aus.

Die Suche nach dem äußeren, dem körperlichen Gleichgewicht trainiert unsere sogenannten kleinen Muskeln, die welche nahe an den Knochen und deren Gelenken liegen und somit selbige schützen und stärken. Diese können nicht über herkömmliches Muskeltraining erreicht werden.

Über die Wirkung des Qi und deren Erscheinungsform und so weiter, möchte ich hier an dieser Stelle nichts schreiben. Dazu sollte jeder seine eigenen Erfahrungen machen.

Zum Thema Gesundheit muss ich abschließend noch etwas bemerken. Ich ziehe hier einen klaren Strich zwischen therapeutisch und prophylaktisch.

Tai Chi ist ein Mittel zur Vorbeugung, der täglichen Gesundheitspflege und nicht ein Mittel der Therapie also Heilung. Rein rechtlich ist eine Therapie in Deutschland sowieso nur dem Arzt oder Heilpraktiker vorbehalten und genaugenommen ist es rechtlich eine Straftat Tai Chi als Mittel der Heilung von Krankheiten zu bewerben, außer Frau/Mann gehört den obigen zwei Berufsgruppen an und dann sollte die therapeutisch Wirkung sehr genau erklärt werden können.

Ob diese Trennung von therapeutisch und prophylaktisch sinnvoll ist, darüber lässt sich streiten, aber sie ist ein rechtliches Faktum und sollte auch als solches beachtet werden.

Die Lange langsame Form umfasst 100 Figuren und der Durchlauf dauert ca.35 Minuten. Die Bewegungen werden fließend aneinander gereiht. Die Drehungen laufen von den Händen über die Schulter, Taille, Hüfte in die Füße. Dabei kommt es auch zu einer Rotation der Wirbelsäule, welche mir bis zu meinem Wechsel zu Ma Yiangbao so nicht bekannt war. Ebenso wie die Bedeutung des Blickes, welcher die Bewegungen „lenkt“

Die Kurze langsame Form wurde von Wu Yinghua aus der langen Form gemacht, dass Arbeitern in den Industriebetrieben in den Pausen diese üben könne. Es wurden Dopplungen weggelassen, sodass für die Ausführung nur ca. 15 Minuten benötigt werden.

Die Schnelle Form

Die schnelle Form soll Wu Yinghua einmal mit „only fighting“ charakterisiert haben. Ist also die langsame Form für die Gesundheit da, beschreibt die Schnelle also den alten, herkömmlichen Charakter dieser Bewegungskunst, nämlich dem der KAMPFkunst. Sie wurde bis 1984 nur geheim innerhalb der Familie unterrichtet und erst laut Ma Yueliang auf Geheiß der chinesischen Regierung alle Geheimnisse Preis zu geben, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Hier ranken sich viele Geschichten um unbesiegbare Tai Chi Kämpfer, die wohl zum großen Teil in die Kategorie „Legenden“ gelegt werden sollten. Sei es drum, denn Legenden basieren nur auf Außergewöhnliches und so muss wohl auch die kämpferische Qualität des Tai Chi Außergewöhnlich gewesen sein, sonst hätte sie als solches wohl nicht bis Anfang- Mitte des 20. Jahrhunderts überlebt, bevor sie dann, wie ich oben beschrieben habe, den Weg als Gesundheitsübung zu ging.

Auch wenn ich es bedauere, aber meines Erachtens ist die Tradition des Tai Chi als KAMPFkunst verloren gegangen. Hier und da wird es wohl versucht, aber was ich bisher in dieser Hinsicht gesehen habe, hat mich wenig überzeugt. Gerne lass ich mich darin eines Besseren belehren, aber ich denke dass der Weg des Tai Chi als Kampfkunst wohl ein zu langer und beschwerlicher ist und man in anderen Kampfkunststilen/-sportarten wohl eher ein Erfolg erzielt.

Nichtsdestotrotz ist es schön und nützlich die „Schnelle“ wie sie liebevoll genannt wird, zu üben, denn hier kann auch mal der Puls nach oben getrieben werden und letztlich ist Tai Chi auch Kulturgut was erhalten werden sollte.

Die „Schnelle“ ist NICHT die „Langsame“ schnell, zwar in der Reihenfolge der Figuren gleich, aber in deren Ausführung anders. Sie ist die „Alte“ Form, die welche vor 1912 geübt wurde und als Basis für die Langsame diente.

Die Waffenformen

Die Waffenformen geben einen kleinen Eindruck des Tai Chi als Kriegskunst. Als Waffenformen werden zuerst die Säbel, dann die Lanze und zuletzt das Schwert unterrichtet. In neuester Zeit hat die Nichte von Ma Jiangbao, Jin Ye (geb.1961) auf der Basis der Schwertform noch eine Fächerform geschaffen, die auch bei ChinaPowerMoves unterrichtet wird.

Zum Säbel und zum Schwert gibt es zudem bei ChinaPowerMoves noch Partnerübungen und jeweils eine Partnerform.

Das Pushands ist die Partnerübung des Tai Chi, indem vereinfacht ausgedrückt der Partner mit Hilfe verschiedener Techniken dem Peng, Ji, Lü, An Cai, Li, Zhou, Kao, versucht wird aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Was ich bei den anderen Lehrern nicht so kennengelernt habe, ist die konsequente Systematisierung der verschiedenen Dreharten.

Hier gibt es

5 Einhandübungen

2 Zweihandübungen

13 Grundtechniken

Es war 1998 bei meinem ersten Besuch eines Lehrerseminars von Ma Jiangbao. Bevor es losging bat mich Ma mal meine Form zu zeigen und das Resultat meiner bis dahin 10jährigen Tai Chi Erfahrung wurde von ihm mit „Das kein Tai Chi, das Tanz“ kommentiert. Als dann Ma`s Schüler Martin Bödicker mich zum Pushhands aufforderte, dachte ich meine große Stunde sei gekommen. Hatte ich nicht schon bei einem anderen Tai Chi Meister meine Seminargebühren zurückbekommen, weil ich sein Meisterschüler mehrmals aus dem Gleichgewicht brachte, so wollte ich mich auch hier gut aus der Affaire ziehen. Weit gefehlt. Ich stolperte wie ein Anfänger durch den Übungsraum und als ich dann mit Ma Jiangbao etwas pushen durfte, war dies eine Erfahrung der besonderen Art. Noch nie hatte ich bis dahin das Tui Shou auf so einem hohen Niveau live erleben dürfen.

Das Pushhands der Familie Wu zeichnet sich in erster Linie durch das Neutralisieren einer angreifenden Kraft aus. Dadurch ist das Wu Tai Chi schon mit seinem Begründer Wu Quanyou berühmt geworden und diese Tradition setzt sich bis heute im Pushhands des Tai Chi der Familie Wu konsequent fort.

Die Partnerform ist die festgelegte Abfolge von Angriffs- und Abwehrtechniken zweier Partner, die den ehemaligen Charakter des Tai Chi als KAMPFkunst erahnen lassen. Auch wenn wir deshalb nicht wirklich mit Tai Chi Prinzipien kämpfen können, macht das durchlaufen dieser Form mit Partner Spaß und es lassen sich damit Grundprinzipien des Tai Chi besser manifestieren. Nicht zuletzt ist dies auch wieder Kulturgut, was es zu erhalten gilt.


 

Das Kernstück des Tai Chi ist die Lange Langsame Form und wird deshalb auch bei ChinaPowerMoves als erstes gelernt, aber auch für die welche tiefer in das Tai Chi eintauchen möchte, haben wir die Möglichkeit dafür.